Selbst in den Jahrzehnten, die rückblickend als „Goldenes Zeitalter der Piraterie“ bezeichnet werden, lebten Piraten gefährlich. Den Unwägbarkeiten der See ständig ausgeliefert, konfrontiert mit dem verzweifelten Widerstand angegriffener Schiffe und verfolgt von Piratenjägern oder der Royal Navy, fanden die wenigsten Piraten einen natürlichen Tod.
Doch auch nicht-tödliche Verwundungen konnten verhängnisvoll sein. Denn ein Pirat, der aufgrund körperlicher Beeinträchtigungen nicht kampffähig war, oder ein Seemann, der die beschwerlichen Arbeiten auf Deck nicht verrichten konnte, besaß keine Möglichkeit mehr, seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Hunger und Armut drohten. Auf manchen Piratenschiffen sicherte sich die Besatzung deshalb vermittels schriftlicher Übereinkunft gegen „Arbeitsunfälle“ ab: Wer auf Kaperfahrt schwer verwundet wurde, dem stand eine Entschädigungszahlung zu.
Der Freibeuter und Schiffsarzt Alexandre Olivier Exquemelin berichtet in seinem 1678 erschienenen Buch De Americaensche Zee-Rovers von einer Vereinbarung, die folgende Entschädigungen für versehrte Piraten vorsah:
- 100 Piaster (spanische Silbermünzen) oder einen Sklaven bei Verlust eines Auges
- 400 Piaster oder vier Sklaven bei Verlust des linken Beins
- 500 Piaster oder fünf Sklaven bei Verlust des rechten Beins
- 100 Piaster oder einen Sklaven bei Verlust eines Fingers
- 500 Piaster oder fünf Sklaven bei Verlust des linken Arms
- 600 Piaster oder sechs Sklaven bei Verlust des rechten Arms
Vgl. Exquemelin, Alexandre Olivier: De Americaensche Zee-Rovers, Amsterdam 1678, S. 35 (Gallica). Eine sozialromantische Perspektive auf das „Goldene Zeitalter der Piraterie“ eröffnet Rediker, Marcus: Villains of All Nations. Atlantic Pirates in the Golden Age, Boston 2004.